Veranstaltung: | 2. Landesmitgliederversammlung 2025 | Grüne Jugend Bremen |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Hendrik |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.05.2025, 23:08 |
A8: Gemeinschaft lässt sich nicht verordnen - Strukturelle Probleme angehen statt von Dienstpflichten fantasieren
Antragstext
Forderungen nach Dienstpflichten geistern von der Union bis zum
Bundespräsidenten seit Monaten durch die Debatten, Vorschläge für die
Wiedereinführung der Wehrpflicht von rechts sowieso. Ende März kam aber auch von
den bayerischen Grünen der Ruf nach einem verpflichtenden “Freiheitsdienst,” den
auch Stimmen der Bremer Grünen positiv - und öffentlich - aufgegriffen haben.
Dabei gibt es wenig, was die Dienstpflicht nicht können soll:
“Verteidigungsfähigkeit” sichern sowieso, aber sie stabilisiert auch mal das
Gesundheits- und Pflegesystem, bringt “der Jugend” wieder Tugend bei, und die
Demokratie rettet sie ganz nebenbei mit. Diese Verklärung des Nutzens lässt die
Folgen gerne außer Acht. Im Freiwilligen Sozialen Jahr durfte 2024 nicht mehr
als 453€ monatliches “Taschengeld” gezahlt werden, ausgezahlt wurden
durchschnittlich 250€.(1) Somit ist ein Freiwilligendienst keine freie
Entscheidung, sondern etwas, das man sich leisten können muss. Wertschätzung für
den Einsatz? Wohl kaum. Pläne für vernünftige Bezahlung? Stille.
Bezahlung ist aber nur die offensichtlichste Ungerechtigkeit. Auch wenn ein Jahr
Einsatzzeit von 18 bis 67 gestreckt werden kann, bedeutet es eine zusätzliche
Belastung für insbesondere diejenigen, die schon jetzt am Ende ihrer Zeit und
Kräfte sind. Wer sich dankenswerterweise bereits engagiert, muss nichts ändern;
wer zwischen dem Schichtdienst Kräfte sammelt, muss noch mehr anpacken.
Solch ein “Freiheitsdienst” greift dabei massiv in die Entscheidung über das
eigene Leben ein, während er Einzelne zum Abfangen gemeinschaftlicher Probleme
heranzieht. Probleme wie der fortschreitende Zusammenbruch des Klimasystems,
leere Rentenkassen und das Aushöhlen sozialer Sicherungen, die uns in den
kommenden Jahrzehnten massiv einschränken werden. Wenn nun die "Pflicht" zum
Beitrag als Gegenstück zu "Rechten" gesprochen wird, wird es umso perfider: Uns
wird das Recht auf einen bewohnbaren Planeten, ein sicheres Existenzminimum
durch Verweigerung genommen, und das sollen wir auch noch selbst auffangen.
Vorbereitung auf Krisen ist notwendig, aber ein Behelf und keine Lösung. Nur
bedeuten Behelfslösungen in Deutschland meist ein Retten, bis sich die nächste
größere Bruchstelle auftut.
Debatten, ob es nun sechs oder zwölf Monate sein sollen, am Stück oder
aufgeteilt, koordiniert von aufgelösten Wehrersatzämtern oder überlasteten
Freiwilligendienststrukturen, beschränken sich darauf, eine schlechte Idee
möglichst störungsfrei umzusetzen. Aber neue Strukturen aufzubauen lenkt ab
davon, kaputte zu reparieren - und die Grünen fallen wieder einmal auf eine
Nebelkerze herein, mit der die Ideenlosen von echter Veränderung ablenken
wollen.
Stattdessen ist die Position der Grünen Jugend Bremen: Freiwilligendienste
ausbauen und durch existenzsichernde Vergütung tatsächlich allen nach freiem
Willen zugänglich machen: sehr gerne; Raum öffnen für strukturelle Lösungen: auf
jeden Fall. Aber Dienstpflichten jeder Art lehnen wir ab, weil sie
Ungerechtigkeiten verschlimmern, dringend benötigte Kapazitäten binden, und
gemeinschaftliche Verantwortung abwälzen auf diejenigen, die am meisten von
weiterem Verschleppen betroffen sein werden.
QUELLEN
Verein Für Soziales Leben e.V., Taschengeld, Vergütung, sonstige Leistungen im
FSJ (2025). Zugriff 02.05.2025: https://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-
freiwilliges-soziales-jahr/verguetung-leistungen-vorteile-gehalt-
taschengeld.html
Begründung
Im Text und gerne mündlich